Die Situation eines Selbständigen unterscheidet sich von sonstigen Unternehmen in der Insolvenz erheblich. Der persönliche Arbeitseinsatz und die persönlich zugeschnittene Organisation von dem Regelfall der Unternehmensinsolvenz. Es ist zu klären, was mit der selbständigen Tätigkeit nach Verfahrenseröffnung geschehen soll. Es gibt keine Möglichkeit des Insolvenzverwalters, einen selbständigen zu zwingen, seine selbständige Tätigkeit fortzuführen. Auf der andere Seite ist es fast unmöglich und bei kammerzugehörigen Berufen auch nicht zulässig, die selbständige Tätigkeit ohne den Einsatz des Schuldners fortzuführen. Von besonderer Bedeutung ist von daher die Freigabe der selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 InsO.
Nach § 304 InsO gelten für natürliche Personen die Regeln des Verbraucherinsolvenzverfahrens, die keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat. Hat der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, gelten die Vorschriften des Verbraucherinsolvenzverfahrens dann, wenn seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Selbständige, solange sie ihre Tätigkeit ausüben, dem Regelinsolvenzverfahren unterfallen.
Voraussetzung für eine Fortführung der selbständigen Tätigkeit im eröffneten Insolvenzverfahren ist die Mitwirkung des Schuldners. Ein Zwang kann hierzu nicht ausgeübt werden. Die alleinige Fortführung durch den Insolvenzverwalter ist in der Regel nicht denkbar.
Eine denkbare Fortführungsmöglichkeit ist die Anordnung der Eigenverwaltung, bei der die Verwaltung- und Verfügungsbefugnis beim Schuldner verbleibt, er aber durch einen (vorläufigen) Sachwalter kontrolliert wird. Die Eigenverwaltung setzt einen entsprechenden Antrag des Schuldners voraus und dass keine Nachteile für die Gläubiger zu befürchten sind. Aufgrund der Möglichkeit der Freigabe der selbständigen Tätigkeit nach § 35 InsO (siehe unten) ist diese Möglichkeit von nicht allzu großer Bedeutung.
Ferner ist eine Fortführung der selbständigen Tätigkeit nach § 35 InsO möglich. Aus Sicht der Insolvenzmasse ist der wesentliche Vorteil, dass Masseverbindlichkeiten ihr gegenüber nicht mehr geltend gemacht werden können, die nach der Freigabe entstanden sind. Die Gläubiger müssen sich an den Schuldner wenden. Auf der anderen Seite stehen die Einnahmen ab der Freigabe dem Schuldner zur Verfügung.
Als "Gegenleistung" für die Freigabe der selbständigen Tätigkeit ist der Selbständige nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295a InsO verpflichtet, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Vergleichsmaßstab ist ein Dienstverhältnis, das der Ausbildung und dem beruflichen Lebenslauf angemessen ist. Die Zahlungen sind kalenderjährlich bis zum 31. Januar des Folgejahres zu leisten.
Eine Abführungspflicht besteht allerdings nur dann, wenn der Selbständige einen Gewinn erzielt, der den unpfändbaren Betrag bei einer abhängigen Beschäftigung entspricht. Sie ist zudem der Höhe nach beschränkt auf den pfändbaren Betrag, der bei einer abhängigen Beschäftigung erzielt worden wäre.
Die einstweilige Fortführung durch den Insolvenzverwalter ist, soweit berufsrechtlich zulässig, denkbar. Zielführend ist diese für die Zeit bis zur Annahme eines Insolvenzplans. Auch hier ist erforderlich, dass der Schuldner mitwirkt.
Gerade für Selbständige bietet eine Abwicklung im Wege eines Insolvenzplans Vorteile:
Rechtsanwalt Soeren Eckhoff – spezialisiert auf die Bereiche Insolvenzrecht und Sanierung
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